Wenn Unternehmen wachsen, bauen sich zwischen dem Top-Management und den Ereignissen und Aktivitäten im Markt immer mehr Zwischenschichten auf, die das Führen von Unternehmen erleichtern und sicherer machen sollen. Dazu gehören nicht nur verschiedene Ebenen des Mittel-Managements, sondern zunehmend auch Management-Cockpits und andere Controlling-Instrumente. Signale, die Top-Manager früher während regelmäßiger physischer Begehungen ihrer Unternehmen direkt aufgenommen hatten, erfahren sie nun durch mehrere Hierarchien gefiltert und repräsentiert als interpretationsbedürftige Symbole in elektronischen Anzeigen ihrer ERP- und Controlling-Systeme. Durch dieselben Filter kommen ihre Führungsimpulse zeitversetzt und oft unscharf und abgeschwächt in der Belegschaft an.
Durch die vermeintlichen Führungshilfsmittel atrophieren nicht nur die sensorischen und kognitiven Fähigkeit von Top-Managern, die Realität körperlich wahrzunehmen, sondern auch ihr Feingespür für die Notwendigkeit zum Handeln, denn sie agieren zu abgeschirmt von den Ereignissen. Managern ist oft nicht bewusst, dass viele Führungshilfsmittel gar keine Nähe erzeugen, sondern die Nähe nur simulieren und tatsächlich weitere Distanz schaffen.
Dabei sind die Schnittstellen zwischen Top-Managern und den Ereignissen in vielen Unternehmen nicht einmal ausgereift. In vielen Unternehmen zeigt sich sowohl technische als auch logisches Verbesserungspotenzial. Umso kritischer wird es, wenn sich Top-Manager auf ihre Systeme verlassen, quasi als Ersatz für die persönliche, aktive Auseinandersetzung mit der Realität. Vielmehr sollten Systeme mit Augenmaß und gesunder Skepsis genutzt und ihre Qualität ausgebaut werden, während die eigenen sensorischen und kognitiven Fähigkeiten eingesetzt und ausgebaut werden. Nehmen Sie wieder auf dem Fahrersitz Platz!